Gedanken über das Blut des Herrn


Unsere Kultur scheint sich zu Gewalttätigkeit, Tod und Blut hingezogen zu fühlen. So hat z. B. in den Vereinigten Staaten jedes sechsjährige Kind durchschnittliche 8000 Morde und 100.000 Gewaltakte im Fernseher gesehen. Während Fernsehgewalttätigkeit neu ist, ist die Kultur der Gewalttätigkeit alt. In den Kreuzzügen in der Inquisition, im Holocaust, haben die, die nach Macht und Reichtum gestrebt haben, oftmals den Tod als die endgültige Lösung für ihre finsteren Pläne angesehen. Sie haben die Lehren der Bibel mit Blut befleckt und die Wahrheiten der Kirche verdreht. Um ihre ruchlosen Ziele zu erreichen, rechtfertigen und glorifizieren sie das Verschütten von unschuldigem Blut.

In der christlichen Kultur, wo Blut und Tod auf die Menschen eine gewisse Faszination ausüben, ist eine allgemeine und ehrliche Diskussion über Blut und Tod kaum möglich. Und die Bibel wird meist so gedeutet, dass das Blut von Jesus nur ein Symbol seines Todes ist, wo es doch eigentlich das Symbol seines Lebens und der Wahrheit ist.

Blut als Mittel zum Leben

Wenn die Bibel davon spricht, dass jemand Blut vergossen hat (siehe Matthäus 27:25, 5.Mose 19: 10) oder von einer Stadt spricht, "die mit Blut errichtet wird" (siehe Micha 3:10, Habakuk 2:12), dann wird dies meist so gedeutet, dass die Menschen des Mordes schuldig sind.

In manchen Fällen mag dies stimmen, denn Blut ist ein Symbol des Todes. In anderen Fällen bedeutet Blut nicht Tod, sondern das Leben. Wenn die Menschen in Israel z. B. Fleisch und Opfer aßen, wurde das Blut immer mit dem Leben in Verbindung gebracht.

Allein esst das Fleisch nicht, das noch lebt in seinem Blut. (1.Mose 9: 4)

Denn des Leibes Leben ist in seinem Blut, solange es lebt; und ich habe den Kindern Israel gesagt: Ihr sollt keines Leibes Blut essen; denn des Leibes Leben ist in seinem Blut; wer es isst, der soll ausgerottet werden. (3.Moses 17:14)

Allein merke, dass du das Blut nicht essest, denn das Blut ist die Seele; darum sollst du die Seele nicht mit dem Fleisch essen, (5.Mose 12:23)

Denn des Leibes Leben ist im Blut, und ich habe es euch auf den Altar gegeben, dass eure Seelen damit versöhnt werden. Denn das Blut ist die Versöhnung, weil das Leben in ihm ist. (3.Mose 17:11)

In allen biblischen Opfern und Mahlzeiten war das Blut ein Symbol des Lebens. Das heißt, es war kein Symbol der Wegnahme des Lebens, sondern des Erhalts oder des Empfangens des Lebens. So war das Blut der Buße kein Symbol des Todes oder der Bestrafung, sondern ein Symbol des Lebens. Genauso war es, als Jesus von seinem Blut sprach. Es war nicht das Symbol seines Todes, sondern das seines Lebens.

Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Werdet ihr nicht essen das Fleisch des Menschensohnes und trinken sein Blut, so habt ihr kein Leben in euch. Wer mein Fleisch isst und trinket mein Blut, der hat das ewige Leben, und ich werde ihn am Jüngsten Tage auferwecken. (Joh. 6:53 - 54)

Offenbar sprach Jesus in Symbolen. Er bat uns nicht, sein körperliches Fleisch zu essen und sein materielles Blut zu trinken. Vielmehr bietet Er uns an, sein Leben zu empfangen, was durch sein geistiges Fleisch und Blut symbolisiert wird.

Blut bedeutet Wahrheit des Gottes

Die Bibel bezieht sich manchmal auf das "Blut des Bundes." (2.Mose 24:8, Sacharia 9:11, Hebr. 10:29, 13:20) So ein Bund sind die 10 Gebote, die Gott auf zwei steinerne Tafeln schrieb. (2.Mose 34:28; 5.Mose 4:13; 1.König 8:9, 21) Die Lade oder der Kasten, die die 10 Gebote enthielten, wurde die Lade des Bundes genannt. (4.Mose 10:33, 14:44; 5.Mose 10:8, 31:25) Etwas weiter gefasst könnte man sagen, der Bund ist das Buch des Gesetzes oder das Wort Gottes (z. B. Psalm105:8; 78:10). Es wurde das Buch des Bundes genannt (2.König 23:2-3; 2.Chronik 34:30 - 31) und wurde in der Lade des Bundes aufbewahrt. (5.Mose 31:9, 25-26)

Natürlich ist Gott nicht damit zufrieden, wenn wir nur das lesen, was die Alten auf Stein oder Papier geschrieben haben. Er möchte, dass wir die Wahrheiten befolgen und durch sie leben. Er wünscht sich, dass diese Gesetze in unsere Herzen und Verstand eingeschrieben werden. Dieses ist der anzustrebende Bund.

Das soll der Bund sein, den ich mit dem Hause Israel machen will nach dieser Zeit, spricht der HERR: Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben; und sie sollen mein Volk sein, so will ich ihr Gott sein. (Jeremia 31:33, Jesaja-59:21)

Wenn man anerkennt, dass der Bund mit Gott aus den zehn Geboten besteht, und im erweiterten Sinne aus Seinem Wort in der vollen Wahrheit, dann kann man verstehen, dass es sich bei dem Blut des Bundes um jenes Blut handelt, welches als Symbol für die Wahrheit verwendet wird. Als Moses das Volk mit Blut besprengte, sagte er: "Sehet, das ist das Blut des Bundes, den der HERR mit euch macht über allen diesen Worten." (2.Mose 24:8). Es ist klar, dass das Besprühen mit Blut ein Symbol für die Menschen war, Gottes Gesetze bzw. Wahrheiten zu empfangen und seine Gebote halten. (Er sagte nicht, "Dieses Blut des strafenden Gottes verlangt von euch ...", oder "Dieses Blut ist ein Symbol dafür, dass ihr den Tod verdient.")

Dieser Gedanke wird im Neuen Testament auch von Jesus angedeutet. Wenn er von seinem "Blut" als einem Symbol seines Todes gesprochen hätte, hätte er sagen müssen: "Dieses ist das Blut meines Todes." Aber, was er wirklich sagte, war. "Dieses ist mein Blut des neuen Testaments (oder des neuen Bundes)" (Matth. 26:28; Mark. 14:24) und "Dieser Kelch ist der neue Bund (Neue Testament) in meinem Blute, das für euch vergossen wird." (Luk. 22:20). Auch hier ist das Neue Testament die Wahrheit oder das Gesetz Gottes, das in unsere Herzen geschrieben werden soll. (siehe auch Hesekiel 31:31,33)

Da Blut in diesem Zusammenhang die Wahrheit Gottes bedeutet, wird es mit dem Licht verglichen, welches uns von den Sünden reinigen kann.

So wir aber im Licht wandeln, wie er im Licht ist, so haben wir Gemeinschaft untereinander, und das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, macht uns rein von aller Sünde. (1.Joh. 1: 7)

In vielen Bibelstellen wird oftmals Blut als Synonym für die geistige Wahrheit verwendet. Und der Geist ist es, der da zeugt; denn der Geist ist die Wahrheit. (1.Joh 5:6 - 8). Hier wird das Blut mit der Wahrheit in Verbindung gebracht. Blut wird in anderen Textstellen auch mit dem Wort verbunden:

Und sie haben ihn überwunden durch des Lammes Blut und durch das Wort ihres Zeugnisses und haben ihr Leben nicht geliebt bis an den Tod. (Off. 12:11)

Und war angetan mit einem Kleide, das mit Blut besprengt war; und sein Name heißt "das Wort Gottes". (Off 19:13)

Wenn wir verstehen, dass Blut ein Synonym für Gottes Gesetz, sein Wort und seine Wahrheit ist, kann man gut nachempfinden, warum es heißt, dass wir sein Blut trinken (Joh 6:53 - 56) und durch sein Blut gereinigt werden oder gewaschen werden sollen (Off 1:5; 7:14; 1 Joh 1:7; Hebr 9:14,22). Er empfiehlt uns, sein Wort zu trinken (aufnehmen), damit wir durch seine Wahrheit gereinigt werden. Jesus war wirklich das Wort, das Fleisch wurde, oder die ewige Weisheit Gottes in der menschlichen Form, also ist sein Herzblut die göttliche Wahrheit, d. h. das Blut, das für uns vergossen wurde, um uns zu reinigen und uns zurück zum Vater im Himmel holen soll.

Gott will kein Blut

Bei den Opfern des Alten Bundes war es nicht das Blut selbst, das Gott interessierte. Was Gott sich wünschte, war, dass die Menschen seine Gebote halten und dadurch sein Leben empfangen.

In jener Zeit gab es viele anderen Religionen, die nicht nur Blut von Tieren, sondern auch von Menschen opferten. Aber es war kein Blut, das Gott von den Menschen wollte. Die Religion Israels unterschied sich von den anderen Religionen darin, dass Blut als ein Gleichnis verwendet wurde, um die göttlichen Gesetze und das Leben zu symbolisieren. Das Blut beim Opfern wurde benutzt, um die Wahrheit und das Leben gleichnishaft darzustellen, durch das materielle Blut selbst konnte man keine Vergebung erlangen. Es ist das, was das Blut symbolisiert (nämlich, die Gebote halten und das Leben empfangen), was zu einer Verbindung mit Gott führt. Natürlich waren für Gott die Blutopfer ein Gräuel, die von Menschen gebracht wurden, welche die Gebote brachen und ihren Nächsten nicht liebten. Dennoch ist das vergießen von Blut nichts, was Gott gefällt.

Was soll mir die Menge eurer Opfer? spricht der HERR. Ich bin satt der Brandopfer von Widdern und des Fetten von den Gemästeten und habe keine Lust zum Blut der Farren, der Lämmer und Böcke. Und wenn ihr schon eure Hände ausbreitet, verberge ich doch meine Augen vor euch; und ob ihr schon viel betet, höre ich euch doch nicht; denn eure Hände sind voll Blut. (Jesaja 1:11, 15)

Der Herr will kein materielles Blut, aber Dank und gehaltene Versprechen:

Meinst du, dass ich Ochsenfleisch essen wolle oder Bocksblut trinken? Opfere Gott Dank und bezahle dem Höchsten deine Gelübde. (Ps 50:13-14)

Denn es ist unmöglich, durch Ochsen- und Bocksblut Sünden wegzunehmen. (Hebr. 10:4 vergleiche Hesekiel 44:7, Jesaja 66: 3)

Diese Zitate zeigen, dass sich Gott kein natürliches Blut wünscht. Die Menschen haben Gott völlig missverstanden, als sie annahmen, dass er sich wirkliches Blut anstelle dessen, was Blut symbolisiert (ein Leben nach den Gesetzen Gottes), wünscht.

Einige Menschen machen in Bezug auf das Blut von Jesus den gleichen Fehler. Sie haben vergessen, was Blut symbolisiert und sich voll auf das natürliche Blut konzentriert, anstatt auf das Leben und die Wahrheit, welche Jesus uns gibt. Wenn die Bibel vom Blut des Herrn spricht, denken viele Menschen, dass Blut nur seinen Tod symbolisiert, ohne zu beachten, was die Bibel meint, wenn von Blut die Rede ist. Aus diesem Gedanken heraus glauben sie, dass uns Jesus durch seinen Tod gerettet hat und dass sein Tod eine Strafe Gottes für unsere Sünden war.

Fokus auf das Leben, nicht den Tod

Der Hauptgrund, warum es so viele Missverständnisse über das Blut von Jesus gibt, liegt in der Frage begründet: "Warum musste er sterben?" Die Bibel hat nie gesagt, dass uns Jesus durch seinen Tod für unsere Sünden vor der Bestrafung oder vor der Strafe Gottes gerettet hat. Er hat uns aber sehr wohl einen Weg eröffnet, wie wir uns von der Macht des Teufels und seiner Knechtschaft befreien können.

Ein Grund, warum Jesus starb, war, dass er die Macht der Höllen überwinden musste. Er kämpfte während seines Erdenlebens unentwegt gegen das Böse, sein Leiden war der abschließende Kampf gegen das Böse, und seine Auferstehung war der Sieg über das Böse. Jeder Mensch ist auch dazu aufgerufen, gegen das Böse zu kämpfen und die Versuchungen der Welt zu überwinden. Während wir gegen das Böse in uns kämpfen müssen, kämpfte der Herr gegen das Böse auf einer kosmischen Ebene, und sein Tod war die Vollendung dieses Kampfes. So sagt die Bibel, dass Gott Fleisch und Blut auf sich nahm, damit durch ihn dem Tod die Macht genommen werden konnte, "auf das er durch den Tod die Macht nehme dem, der des Todes Gewalt hatte, das ist der Teufel." (Hebräer-2:14,15)

Ein weiterer Grund, den die Bibel für den Tod von Jesus angibt, ist der, dass seine menschliche Natur vollständig eins mit seiner göttlichen Natur werden konnte. Jesus bildete sozusagen aus zwei einen neuen Menschen (Eph 2:14 - 16, Joh 17:11,21; 10:30), wodurch er zum Vater gehen konnte (Joh 13:3; 14:2,28; 16: 10), verklärt (Joh 17:1,5) und dann verherrlich wurde (Luk 24:26).

Es gibt keinen Zweifel, dass Jesus wegen unserer Sünden starb, damit wir von ihnen befreit werden können. Aber die Bibel lehrt auch, dass er durch seine Versuchungen und seinen Tod das Böse vollkommen überwunden hat, uns das Leben gab und uns die Wahrheit aufgezeigt hat. So stellt sich gar nicht die Frage, ob der Herr für uns gestorben ist, die Frage ist vielmehr warum er starb.

Er starb nicht, weil der Vater im Himmel eine Bestrafung forderte. In der Bibel steht nirgendwo geschrieben, dass der Herr uns erlöst hat, indem er für uns ans Kreuz geschlagen wurde und durch seinen Tod unsere Schuld auf sich nahm, damit wir straffrei vor Gott treten können.

Diese Deutung ist einfach nicht biblisch und war in der alten christlichen Welt nicht verbreitet. Erst am Ende des elften Jahrhunderts begann die christliche Kirche durch ihre rachsüchtigen und politisch motivierten Kreuzzüge damit, das Blut der "Ungläubigen" (einschließlich Babys) im Heiligen Land zu verschütten. Sie glorifizierten diesen Blutrausch mit dem Kampfschrei: Deus vult! "Gott will es!"

Die Kirchenväter waren auf Blut und Tod fixiert, weil sie zu der Meinung gelangt waren, dass Gott das Blut von den Heiden als Vergeltung für ihre Sünden und ihren Unglauben wünschte. Es war an diesem tiefsten Punkt in der Kirchengeschichte, als Anselm von Canterbury auf die Idee kam, dass der Grund für den Tod des Herrn darin bestand, dass Gott der Vater das Blut und den Tod eines schuldlosen Menschen als Vergeltung für die Sünden der menschlichen Rasse verlangte. Es war Anselm, der das Konzept der "Gerechtigkeit" erfand. Gott konnte nur dann zufriedengestellt werden, wenn Tod und Blut verschüttet wurden.

Dieser Kult des Blutes und des Todes hat nichts mit dem wahren Christentum zu tun. Jesus propagierte nie den verärgerten, blutrünstigen Gott, dessen Verlangen nach "Gerechtigkeit" durch das Blut seines Sohns beschwichtigt werden musste. Jesus sagte, dass die, die sein Fleisch essen und sein Blut des neuen Bundes trinken, das Leben empfangen. Dieses war der einzige Zusammenhang wo Jesus über sein Blut und dessen Zweck sprach. Es ging immer darum, die Blutopfer zu beenden und stattdessen beim Herrn das Leben und die Wahrheit zu suchen. Er wollte uns beibringen, wie man in der Liebe zu Gott und zu seinen Nächsten lebt. Es wäre für alle Christen gut, wenn sie seinem Beispiel folgen würden, und statt den Fokus auf Blut und Tod zu setzen, seine Lehren befolgten.



Reinigt uns das Blut Christi wirklich von Sünde,
Schuld und der Erbsünde?