Gott ist Allmächtig

Gott ist der Allmächtige, weil er Alles aus Sich vermag und alle Andern nur aus Ihm etwas vermögen; Sein Können und Sein Wollen sind Eins, und weil Er nichts als das Gute will, so kann Er auch nur das Gute tun. [WCR. 56]

Die heutzutage vorherrschende Meinung ist, dass die Allmacht Gottes wie die absolute Gewalt eines Despoten in der Welt sei, welcher nach Willkür alles tun kann, was er will, freisprechen und verurteilen, wen er will, den Schuldigen zum Unschuldigen machen, den Ungetreuen für getreu erklären, den Unwürdigen und Verdienstlosen über den Würdigen und Verdienten erheben, ja dass er unter jeglichem Vorwand den Untergebenen ihre Güter entreißen, und dann auch den Tod über sie verhängen könne und dergleichen mehr. Aus dieser absurden Meinung, Glaubensansicht und Lehre von der göttlichen Allmacht sind eben so viele Irrtümer, Trugschlüsse und Hirngespinste in die Kirche eingedrungen, als es Momente, Gliederungen und Zeugungen des Glaubens in ihr gibt. [WCR. 57]

Wäre die Allmacht Gottes, dem heutigen Glauben gemäß, eine absolute, sodass sie sowohl das Gute, als das Böse tun könnte, wäre es dann Gott nicht möglich, ja leicht, die ganze Hölle in den Himmel zu erheben, und die Teufel und Satane in Engel umzuwandeln, und auf Erden jeden Gottlosen in einem Augenblick von Sünden zu reinigen, zu erneuen, zu heiligen, wiederzugebären, aus einem Sohn des Zornes zu einem Sohn der Gnade zu machen, das heißt, zu rechtfertigen, was bloß, durch Zuerkennung und Zurechnung der Gerechtigkeit Seines Sohnes geschehen würde?

Allein Gott vermag dies nicht aus Seiner Allmacht, weil es gegen die Gesetze Seiner Ordnung im Weltall, und zugleich gegen die Gesetze der Ordnung ist, die in jeden Menschen gelegt sind, und welche sind, dass eine wechselseitige Verbindung von beiden Seiten statthaben muss.

Aus jener absurden Meinung und Glaubensansicht von der Allmacht Gottes würde hervorgehen, dass Gott jeden Bock-Menschen in einen Lamm-Menschen verwandeln, und nach Gefallen von Seiner linken auf Seine rechte Seite versetzen könnte; ferner dass Er die Geister des Drachen nach Gefallen in Engel Michaels umwandeln, und einen Menschen, dessen Verstand dem des Maulwurfs gleicht, mit dem Blick des Adlers beschenken, mit einem Wort, aus einem Uhu-Menschen einen Tauben-Menschen machen könnte; dies kann Gott nicht, weil es gegen die Gesetze Seiner Ordnung ist, obgleich Er es fortwährend will und anstrebt.

Hätte Er dergleichen gekonnt, so würde Er dem Adam nicht zugelassen haben, auf die Schlange zu hören, und die Frucht von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen zu pflücken und sie zum Munde zu führen. Hätte er es gekonnt, so hätte er dem Kain nicht zugelassen haben, seinen Bruder zu töten; nicht dem David, das Volk zu zählen; nicht dem Salomo, Götzentempel aufzubauen, noch den Königen Judas und Israels, den Tempel zu entheiligen, was sie so oft getan haben; ja wenn Er jenes gekonnt hätte, wo würde Er durch die Erlösung Seines Sohnes das ganze menschliche Geschlecht, Keinen ausgenommen, errettet, und die ganze Hölle ausgerottet haben.

Die alten Heiden schrieben eine solche Allmacht ihren Göttern und Göttinnen zu, und daher entstanden ihre Mythen, z. B. von Deukalion und Pyrrha, dass Steine, die sie hinter ihren Rücken geworfen, zu Menschen geworden seien; von Apollo, dass er Daphne in einen Lorbeerbaum verwandelt habe; von der Diana, dass sie einen Jäger in einen Hirsch, und von einer andern ihrer Göttinnen, dass sie die Jungfrauen des Parnassus in Elstern verwandelt habe. Ein ähnlicher Glaube in Beziehung auf die göttliche Allmacht findet heut zutage statt, daher so viel Fanatisches und infolgedessen Ketzerisches überall, wo eine Religion besteht, in die Welt eingeführt wurde. [WCR. 58]


WCR = Wahre Christliche Religion, Emanuel Swedenborg